Author: Markus K. Brunnermeier
Auszeichung: Deutscher Wirtschaftsbuchpreis 2021
Markus K. Brunnermeier, u.a. Professor an der Princeton-Universität, Mitglied der Bellagio-Gruppe für internationale Wirtschaft und Sloan Research-Fellow, ist bekannt für seine herausragenden Beiträge in den Bereichen Makroökonomie und Finanzen. In seinem Buch «Die resiliente Gesellschaft – wie wir künftige Krisen besser meistern können» liefert er uns eine Blaupause für eine Welt nach Corona – eine Blaupause, die aktuell erst recht an Bedeutung gewinnt. Wie können Gesellschaften resilient bleiben und sich gleichzeitig besser auf Schocks vorbereiten?
Das hervorragende Buch bietet uns vielfältige makroökonomische Denkansätze, die sich auf unternehmerische Ebene übertragen lassen. Brunnermeier plädiert etwa für mehr Eigenverantwortung für die Menschen: «Den Menschen Eigenverantwortlicheit zuzugestehen und ihnen die Freiheit zu gewähren, zu träumen, zu experimentieren, Strategien zu entwerfen, zu planen und möglicherweise zu scheitern, ist der Teil persönlichen Freiheit und Voraussetzung für den Fortschritt einer Gesellschaft. Es ist Teil davon, den Menschen nicht nur Freiheit, sondern auch Würde zu geben.» Wer solches spricht, hat erkannt, dass eine resiliente Gesellschaft von resilienten Bürgern abhängt, Bürgern, die verstanden haben, Volatilität zu akzeptieren, gleichzeitig aber die Fähigkeit beibehalten, sich zu erholen und sich zu entwickeln. Resiliente Bürger verfallen nicht in ein Burnout. Sie sind stark und wissen, was es bedeutet, flexibel und anpassungsfähig zu bleiben, während sie sich gleichzeitig selbst Sorge tragen.
Wie aber wird man resilient? Paradoxerweise sind es oft Störungen, die Systeme und Menschen resilient machen. Die Bereitschaft, Risiken einzugehen, ist ein essentieller Entwicklungstreiber. Insofern sind unsere Wohlfühloasen in Unternehmen, wo wir den Menschen vorgefertigte Karrierewege und Belohnungspfade nur auf Basis von Umsatzkennziffern anbieten, das Gegenteil von dem, was es in einer resilienten Gesellschaft benötigt. Wer dauerhaft handlungsfähig bleiben will, muss mit Krisen selbständig umgehen können. Hierfür gibt es ganz unterschiedliche Pfade. Entscheidend ist, dass Risikobereitschaft genauso eingefordert und belohnt wird wie das Scheitern. Wer lernt, wie er gefahrlos scheitern kann, kommt weiter und kommt mit der Zeit immer mehr von seinen eigenen Kipppunkten weg. Von Kipppunkten fernzubleiben, stabilisiert die Gesellschaft als Ganzes und verhindert ihren Zerfall.
Resilienz erfordert, dass sich Menschen neu erfinden und aktiv an ihrer Erholung mitarbeiten. Führen wir Menschen so, dass sie besser mit Unsicherheit umgehen lernen und vermehrt in Kontakt mit der eigenen Energie treten müssen. Die Zeit der Schönwetterpiloten ist vorbei. Wer zum eigenen Scheitern stehen kann, kann Menschen besser dafür gewinnen, dies auch zu tun, als wer seine Teams mit Wohlfühlparolen – die ja ohnehin kaum je stimmen – beglückt. Sprechen wir über unsere Lernerfahrungen in schwierigen Zeiten, indem wir etwa Messed-up trails oder die Immunity to change in unseren Firmen einführen.
Jeder Mensch hat ein eigenes Programm zur Resilienzherstellung. Fordern wir es ein! Brunnermeier plädiert für einen neuen Gesellschaftsvertrag, der immer Raum für Abweichler und Andersdenkende lässt, da sie es sind, die bei Schocks ungewöhnliche Lösungsansätze aufzeigen. Wenn eine Bevölkerung ein breites Repertoire zur Krisenbewältigung hat, ist sie resilient. Fördern wir diese Varietät in unseren Unternehmen und wir sind für die Zukunft gestärkt.